Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern
Das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern – vor allem das dort verankerte Kindeswohlvorrangigkeitsprinzip (Artikel 1) – ist ein verbindlicher Orientierungsmaßstab für die Gesetzgebung, die Gerichte und staatliche Behörden
Der Nationalrat hat am 20. Jänner 2011 das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern beschlossen, womit zentrale Bestimmungen des Übereinkommens der Vereinten Nationen (VN) über die Rechte des Kindes (Kinderrechtskonvention) in den Verfassungsrang gehoben wurden.
Am 16. Februar 2011 trat das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern in Kraft.
In 8 Artikeln werden die wichtigsten Rechte der Kinder in Österreich mit diesem Gesetz verankert:
Kinder müssen geschützt und unterstützt werden
Kinder sollen unterstützt und vor möglichen Gefahren geschützt werden, damit sie sich bestmöglich als eigene Persönlichkeiten entwickeln und entfalten können. Das Wohl von Kindern soll immer Vorrang haben, wenn es um ihre Angelegenheiten geht.
Artikel 1
Jedes Kind hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig sind, auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung sowie auf die Wahrung seiner Interessen auch unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit. Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher und privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein.
Recht auf beide Eltern
Im Vorwort zur Kinderrechtskonvention (Präambel) steht das Idealbild vom Kind und seiner Familie:
"Das Kind soll zur vollen und harmonischen Entfaltung seiner Persönlichkeit in einer Familie und umgeben von Glück, Liebe und Verständnis aufwachsen."
Beide Eltern sollen sich grundsätzlich gleichteilig um das Wohl ihrer Kinder sorgen. Leben die Eltern in getrennten Haushalten, so soll das Kind jedenfalls zu beiden Elternteilen einen regelmäßigen Kontakt haben. In den Fällen, in denen ein Kind nicht in seiner Familie leben kann, hat der Staat für seinen Schutz zu sorgen und sich besonders um sein Wohlergehen zu kümmern.
Artikel 2
-
Jedes Kind hat Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen, es sei denn, dies steht seinem Wohl entgegen.
-
Jedes Kind, das dauernd oder vorübergehend aus seinem familiären Umfeld, welches die natürliche Umgebung für das Wachsen und Gedeihen aller ihrer Mitglieder, insbesondere der Kinder ist, herausgelöst ist, hat Anspruch auf besonderen Schutz und Beistand des Staates.
Verbot von Kinderarbeit – Verbot von Ausbeutung
Kinder dürfen in Österreich erst dann arbeiten, wenn sie nicht mehr schulpflichtig sind. Die Schulpflicht in Österreich endet frühestens mit Vollendung des 15. Lebensjahres oder mit der späteren Vollendung ihrer 9. Schulstufe. Vor Ende der Schulpflicht ist Kinderarbeit verboten.
In vielen Ländern der Welt haben Kinder noch immer unter ausbeuterischer Kinderarbeit zu leiden. Mit der Verabschiedung der EU-Richtlinie 2024/1760 über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit "EU-Lieferkettengesetzes" ist ein wichtiger Schritt für den Schutz der Kinderrechte durch die Einhaltung unternehmerischer Sorgfaltspflichten erreicht worden.
Artikel 3
Kinderarbeit ist verboten. Abgesehen von gesetzlich vorgesehenen begrenzten Ausnahmen darf das Mindestalter für den Eintritt in das Arbeitsleben das Alter, in dem die Schulpflicht endet, nicht unterschreiten.
Die Meinung von Kindern zählt
Wenn es um Dinge geht, die ein Kind betreffen, hat es das Recht, mitzureden, seine Meinung zu sagen und seine Wünsche vorzubringen. Immer dann, wenn es um Entscheidungen geht, von denen ein Kind betroffen ist, ist die Meinung des Kindes mitzuberücksichtigen.
Artikel 4
Jedes Kind hat das Recht auf angemessene Beteiligung und Berücksichtigung seiner Meinung in allen das Kind betreffenden Angelegenheiten, in einer seinem Alter und seiner Entwicklung entsprechenden Weise.
Keine Gewalt gegen Kinder
Gewalt gegen Kinder ist gesetzlich verboten!
Gewalt gegen ein Kind geht gar nicht und ist vom Gesetz strengstens verboten. Jedes Kind in Österreich hat das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. Misshandlungen, Körperstrafen und die Zufügung von psychischem Leid sind untersagt.
Körperliche Übergriffe gegen Kinder sind strengstens untersagt!
Körperliche Übergriffe gegen Kinder sind strengstens verboten. Kinder müssen mit allen Mitteln vor sexuellem Missbrauch und sexueller Ausbeutung geschützt werden. Ist aber ein Kind – trotz aller Schutzmaßnahmen – Opfer von Gewalt oder von Ausbeutung geworden, hat es das Recht auf Wiedergutmachung und auf Wiederherstellung seiner körperlichen und seelischen Gesundheit.
Artikel 5
-
Jedes Kind hat das Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, die Zufügung seelischen Leides, sexueller Missbrauch und andere Misshandlungen sind verboten. Jedes Kind hat das Recht auf Schutz vor wirtschaftlicher und sexueller Ausbeutung.
-
Jedes Kind als Opfer von Gewalt oder Ausbeutung hat ein Recht auf angemessene Entschädigung und Rehabilitation. Das Nähere bestimmen die Gesetze.
Besonderer Schutz für Kinder mit Behinderung
Kinder mit Behinderung müssen besonders geschützt werden. Sie sollen im täglichen Leben die gleichen Möglichkeiten haben wie nicht behinderte Kinder. Deshalb sollen diese Kinder in ihrer Entwicklung in geeigner Form unterstützt werden.
Artikel 6
Jedes Kind mit Behinderung hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die seinen besonderen Bedürfnissen Rechnung tragen. Im Sinne des Artikel 7 Abs. 1 B-VG ist die Gleichbehandlung von behinderten und nicht behinderten Kindern in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten.
Ausnahmefälle
Das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern gilt nicht schrankenlos. Allerdings dürfen die Kinderrechte in Österreich nur in Ausnahmefällen eingeschränkt werden, wenn dadurch die Rechte anderer Menschen verletzt würden.
Artikel 7
Eine Beschränkung der in den Artikeln 1, 2, 4 und 6 dieses Bundesverfassungsgesetzes gewährleisteten Rechte und Ansprüche ist nur zulässig, insoweit sie gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Die Kinderrechte müssen von allen beachtet werden
Kinderrechte sind ein Auftrag für uns alle. Dieser Artikel des BVG Kinderrechte legt fest, dass die Bundesregierung dafür verantwortlich ist, dieses Gesetz umzusetzen.
Artikel 8
Mit der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist die Bundesregierung betraut.